Die Digitalisierung des Rentenantrags

Die Rentenbeantragung kann eine nervenaufreibende Angelegenheit sein – und das für alle Beteiligten gleichermaßen. Deshalb haben sich die CONITAS GmbH und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) in einem mehrjährigen Projekt an die Digitalisierung des Rentenantragsprozesses gemacht. Das Ergebnis könnte eine Signalwirkung für den Markt der Zusatzversorgungskassen sein und den Rentenantragsprozess für alle Beteiligten radikal verändern.

Die Rentenbeantragung ist einer der komplexesten Geschäftsprozesse der VBL und für den Antragssteller, den Sachbearbeiter und die Zusatzversorgungskasse sehr aufwendig. Der Antragssteller muss sich durch komplizierte Dokumente arbeiten und oftmals lange Bearbeitungszeiten in Kauf nehmen. Außerdem verzögert sich nicht selten die Auszahlung der Zusatzversorgung bis nach Beginn der Rentenzeit.

Der Sachbearbeiter hat auf der anderen Seite mit unvollständigen Datensätzen zu kämpfen und muss die benötigten Informationen aus verschiedenen Anwendungen zusammensuchen. Oftmals führen fehlende Information dazu, dass der Bearbeitungsprozess unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden muss. Der Sachbearbeiter hat sich dann erneut in den Sachverhalt einzuarbeiten.

Für die Versicherung entstehen dadurch hohe Kosten – nicht zuletzt auch, weil das Fehlen von Schnittstellen die Vollautomatisierung aller Prozesse verhindert.

Der Sachbearbeiter kämpft mit unvollständigen Datensätzen, muss aus verschiedenen Anwendungen Informationen zusammensuchen und den Bearbeitungsprozess mehrmals unterbrechen.

Unsere Vision: Ein hochautomatisierter und flexibler Rentenantragsprozess

Was wäre, wenn all das ganz anders liefe? Wenn das System einen Rentenantrag vollautomatisch verarbeiten könnte, fehlende Informationen erkennen und diese selbständig über eine technische Schnittstelle anfordern würde? Wenn nicht der Berechtigte seinen Rentenantrag mühsam selbst ausfüllen müsste, sondern nur die Daten in einem ihm übersandten Antragsformular zu prüfen und ergänzen hätte?

Mit dieser durchaus innovativen Vision sind wir vor mehr als drei Jahren gemeinsam mit der VBL an die Digitalisierung des Rentenantragsprozesses gegangen und konnten die Überführung des manuellen in einen maschinell gesteuerten Rentenantragsprozess in mehreren Projektphasen kontinuierlich vorantreiben.

Vom Standard- zum prozessoptimierten Rentenantragsprozess

Eine vollumfängliche Gesamtprozessanalyse zu Beginn ergab, dass der Standardprozess der Rentenantragsstellung mitunter aus mehr als zehn Fachanwendungen besteht, die allesamt einen unterschiedlichen Automatisierungsgrad aufweisen – von manuell betrieben bis hin zu vollautomatisiert. Der zu entwickelnde digitale Prozess musste demnach ebendiese Fachanwendungen über unterschiedliche Schnittstellen miteinander verbinden und darüber hinaus prozessuale Unterbrechungen (zum Beispiel wegen fehlender Daten) und Bearbeitungsschleifen unterstützen.

Der Gesamtprozess besteht aus mehr als 10 unterschiedlichen Fachanwendungen, die einen individuellen Automatisierungsgrad aufweisen.

In den vergangenen zwei Jahren ist uns gelungen, den Standardprozess bis hin zur maschinellen Dunkelfreigabe vollständig zu digitalisieren. Mehr noch – der vollautomatisierte digitale Prozess reagiert nunmehr autark auf prozessrelevante Ereignisse (zum Beispiel fehlende Daten) und setzt die Antragsbearbeitung anschließend auf Basis des letzten Bearbeitungsstands fort. Somit konnten wir neben der reinen Dunkelverarbeitung über verschiedene Fachsysteme hinweg einen maschinellen Mechanismus etablieren, der die ereignisbasierte vollmaschinelle Weiterverarbeitung von offenen Rentenanträge möglich macht.

Der Rentenantrag reagiert inzwischen autark auf prozessrelevante Ereignisse und setzt die Antragsbearbeitung auf Basis des letzten Bearbeitungsstands fort.

Neben den rein technologischen Erweiterungen mussten darüber hinaus aber auch verwaltungsrechtliche Anpassungen vorgenommen werden. Mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wurden komplett neue Datenaustauschszenarien geschaffen; diesen musste eine Änderung des Sozialgesetzbuches vorausgehen, weil die VBL noch nicht als berechtigte Institution hinterlegt war. Zudem musste die VBL die eigene Satzung anpassen. 

Auf Basis der bereits umgesetzten technischen Architektur kann der Prozess disruptiv weiterentwickelt werden; Anfang 2020 sollt das Einsenden der Unterlagen der Deutschen Rente entfallen.

Die Disruption: Rentenantrag 4.0

Nachdem wir die vollmaschinelle Verarbeitung eines Rentenantrags erfolgreich abgeschlossen haben, können wir den Rentenantragsprozess auf Basis der technologischen Erweiterungen nunmehr völlig neu denken. Die Datenaustauschszenarien zwischen VBL und DRV ermöglichen es, den Rentenantragsprozess teilweise umzukehren: der Berechtigte muss sich künftig nicht mehr durch komplexe Dokumente kämpfen, sondern erhält mit dem Erreichen des Rentenalters ein vorausgefülltes Antragsformular, prüft beziehungsweise ergänzt es und sendet das elektronische Antragsformular zurück. Dadurch wird der Bearbeitungsprozess von einer reaktiven Bearbeitung hin zu einer service-orientierten umgekehrt, was mit einer radikalen Erleichterung für alle Prozessbeteiligte einhergeht.

Diese Entwicklungen haben für den gesamten Markt der Zusatzversorgungskassen Modellcharakter und haben das Potential, die Art der Rentenbeantragung radikal zu verändern.

Beim Rentenantrag 4.0 muss der Berechtigte einzig seine Daten in einem ihm übersandten Antragsformular prüfen und ergänzen. Einfach, schnell und effizient!